Die Debatte um Agrarsubventionen - Geheimhaltung in eigener Sache?

Landespolitik

www.filastockphoto.com/pixelio
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Um was es vor allem geht: Transparenz!

Es ist nicht anrüchig, wenn Landwirte Agrarsubventionen bekommen. Denn Bauern pflegen unser schützenswerte Kulturlandschaft, dafür verdienen sie die Unterstützung der Allgemeinheit. Nur: Die Steuergelder müssen nach sinnvollen Kriterien verteilt werden, und es muss transparent zugehen!

Der BayernSPD geht es bei der Forderung nach Offenlegen der EU-Agrarhilfen neben dem Vermeiden von Strafzahlungen in Millionenhöhe (12,7 Mio. Euro) auch darum, dass die vielen Auswüchse bei den EU-Subventionen abgestellt werden.

Auswüchse bei den Subventionen abstellen!

Was viele geahnt haben, ist durch die teilweise erfolgte Veröffentlichung der Empfänger von EU-Direktzahlungen seit wenigen Tagen bewiesen: Durchrationalisierte Großbetriebe werden systematisch bevorzugt. Zu Lasten arbeitsintensiver, bäuerlich strukturierter Höfe.

Und: Nicht Landwirte sind die Hauptempfänger der Agrarsubventionen. Die mit Abstand größten Profiteure sind Lebensmittelkonzerne: Zucker-, Stärke- und Schokoladenhersteller sowie Molkereikonzerne.

Molkereien etwa sahnen aus EU-Fördertöpfen Millionenbeträge an Exportsubventionen ab. Da liegt die Vermutung nahe, dass es einen Zusammenhang mit der Misere der Milchbauern gibt: Die Molkereien haben z.B. gar kein Interesse daran, in ihr Marketing zu investieren, um mehr Milch in Deutschland abzusetzen. Die EU sorgt schon dafür, dass das Geld auf anderem Wege hereinkommt.

Das Präsidiumsmitglied der BayernSPD Dr. Linus Förster im Bayerischen Landtag: „Es geht nicht um eine Neiddebatte, wie die CSU dies wider besseres Wissen vorgibt. Das ist Unsinn! Jeder bäuerliche Betrieb, dem Geld zusteht, soll dieses Geld erhalten. Aber wir wollen, dass die Bauern nicht beschissen werden, weil ein Großteil der ihnen zustehenden Gelder von Großkonzernen und Industriebetrieben regelrecht abgezockt werden.“

Zu den Großempfängern zählen übrigens auch BASF, Bayer, Merck, RWE, Salzgitter und ThyssenKrupp. Diese Firmen stehen auf der Empfängerliste von Hilfen der EU.

Verlierer sind bei der derzeitigen Praxis die kleinen Betriebe

Den aktuell verfügbaren Daten zufolge erhalten in Deutschland 0,5 Prozent der Betriebe jeweils mehr als 300.000 Euro, während 70 Prozent jeweils bis zu 10.000 Euro erhalten. Verlierer sind also die kleinen Betriebe, die ums Überleben kämpfen.

Eine Aufschlüsselung der SPD-Agrarsprecherin Maria Noichl ergab: 27.000 kleine landwirtschaftliche Betriebe erhalten gerade mal bis zu 100 Euro im Monat. Damit bekommen diese Betriebe ungefähr dieselbe Summe an Zahlungen wie 103 Großbetriebe (0,1% der Gesamtzahl an geförderten Betrieben in Bayern).

Förster appellierte im Landtag an CSU-Agrarminister Brunner und die CSU: „Verkaufen Sie mit Ihrer Schaufenster-Politik die Bauern nicht für dumm. Wenn Sie in München den heldenhaften Verteidiger einer Geheimhaltung spielen, während Ihre Parteifreundin Ilse Aigner in Berlin schon längst eingelenkt hat, vertreten Sie nicht wirklich die Interessen der Bauern. Im Gegenteil: Sie lassen sich vor den Karren derer spannen, die ein Interesse daran haben, dass die Wahrheit nicht an das Licht kommt, weil dann der Saustall, der jetzt herrscht, ausgemistet werden muss."

Geheimhaltung in eigener Sache?

Betreiben Agrarminister Brunner und andere CSU-Politiker dabei auch Geheimhaltung in eigener Sache? Schließlich beziehen sie selbst EU-Agrarsubventionen. Für 2007 sind aus der EGFL-Direktförderung Summen zwischen 500 Euro und 13.550 Euro an etliche bekannte Namen geflossen. Sofern sie nicht landwirtschaftlich tätige Namensvettern am gleichen Ort haben, handelt es sich dabei um Minister Helmut Brunner, MdL (Zachenberg), Phillip Graf von und zu Lerchenfeld, MdL (Köfering),
Gerhard Eck, MdL (Burgebrach), Kurt Eckstein, MdL (Altdorf), Albert Füracker, MdL (Parsberg), Robert Kiesel, MdL (Bad Kissingen), Josef Göppel, MdB (Herrieden), Bartholomäus Kalb, MdB (Künzing), Marlene Mortler, MdB (Lauf) und Albert Dess, MdEP (Berngau). Brunner selbst liegt mit 6.885 Euro im Mittelfeld.“
Die genauen Zahlen für 2007: http://www.agrar-fischerei-zahlungen.de/Suche?

„Wovor, sehr geehrte Kollegen von der CSU, haben sie Angst?", fragte Förster. „Mit Ihrer Politik der Heimlichtuerei erreichen Sie das Gegenteil dessen, was sie vorgeben. Sie tragen damit erst dazu bei,
dass die EU-Agrarförderung als ‚anrüchig' erscheint. Anrüchig ist nur der Saustall, dass z.B. Südzucker 34,4 Millionen Euro aus dem Topf bekommt, der den Bauern mit Fug und Recht zusteht. Anrüchig ist der Saustall, dass z. B. eine Tochterfirma der Lufthansa 106.276 Euro
abzockt, weil auf den Lufthansa-Flügen über die EU-Grenzen hinaus Zucker, Kaffee, Kaffeesahne und Brötchen serviert und mithin Agrarprodukte ‚exportiert' werden. Das stinkt – im wahrsten Sinn des Wortes – zum Himmel!"

Dass dieser Unfug öffentlich gemacht wird, ist längst überfällig.
Denn es kommt darauf an, ihn zu stoppen.

 
 
 

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