Thema ohne Ende:Das Debakel der BayernLB

Landespolitik

So schnell verschwindet es nicht, das Milliardenloch im bayerischen Haushalt. Die bayer. Staatsregierung würde zwar gerne den mantel des Schweigens darüber decken, aber bei den Beträgen, die das Debakel der landesbank den Steuerzahler kosten wird, lohnt es sich immer wieder genauer hinzuschauen.
Das hat der Arbeitskreis Staatshaushalt und Finanzfragen zusammen mit den Vertretern der SPD-Landtagsfraktion in der „Kommission zur parlamentarischen Begleitung der Krisenbewältigung bei der BayernLB" getan:
Das Ergebnis:

  • 5 Milliarden Euro Verlust in 2008
  • 10 Milliarden Euro vom Freistaat als Kapitalspritze über Schulden finanziert
  • Das ist mehr als der gesamte Bildungsetat Bayerns mit 9 Milliarden Euro
  • Der Schuldenberg des Freistaats steigt damit von 23 auf 33 Milliarden Euro
  • Die Schuldenlast für jeden Bayern steigt um 800 Euro
  • Die jährliche Zinsbelastung für die 10 Milliarden Euro beträgt 400 Millionen Euro
  • Zusätzlich noch 5 Milliarden Euro Garantien für die Bank durch den Freistaat
  • Weiter 15 Milliarden Euro Garantien durch den Bund für die BayernLB
  • Das Rettungspaket von Land und Bund hat also ein Gesamtvolumen von 30 Milliarden Euro
  • Die BayernLB hat nach wie vor Schrottpapiere in Höhe von fast 20 Milliarden Euro in ihren Büchern
  • 19.405 Mitarbeiter im Konzern in 2008, von denen jetzt Tausende um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen
  • 422 Milliarden Euro Bilanzsumme in 2008
  • Eigentümer sind zu 94 Prozent der Freistaat Bayern und zu 6 Prozent der Sparkassenverband
Aus unserer Sicht stellt sich die gegenwärtige Situation der BayernLB wie in den nachfolgenden Punkten dar. 1. Die BayernLB hat durch das Bayerische Landesbankgesetz einen klaren öffentlichen Auftrag. Nach dem Landesbankgesetz ist sie Staats- und Kommunalbank, Sparkassenzentralbank und sie unterstützt den Freistaat bei der Strukturpolitik. In der Realität hatte sich die BayernLB allerdings unter der Kontrolle eines Verwaltungsrates, der zur Hälfte mit Ministern der CSU-Staatsregierung besetzt war, über Jahre hinweg von diesem öffentlichen Auftrag immer weiter entfernt. Der Vorstand der BayernLB wollte mit Zustimmung des Verwaltungsrats in erster Linie eine internationale Geschäftsbank sein, die auf den wichtigen Finanzplätzen der Welt vertreten ist und sie wollte dort „das große Rad drehen“. 2. Die katastrophalen Fehler in der Geschäftspolitik reichen bis in die jüngste Vergangenheit. Die BayernLB erwarb eine Mehrheitsbeteiligung an der Klagenfurter Hypo Group Alpe Adria (HGAA), die dem Land Kärnten und der Grazer Wechselseitigen Versicherung gehörte. Am 22. Mai 2007 wurde der Verkauf von 50 % plus einer Aktie vertraglich besiegelt. Die BayernLB bezahlte dafür über 1,6 Mrd. Euro. Euphorisch kommentierte der damalige Finanzminister Faltlhauser: „Eine echte Win-Win-Situation wie man heute sagt. Ich meine ein kluger Deal auf beiden Seiten. Kärnten und Bayern können sich gegenseitig beglückwünschen." Zutreffender ist wohl eher die Bewertung, dass der damalige Landeshauptmann Jörg Haider dem bayerischen Finanzminister seine marode und in die Schlagzeilen geratene Bank angedreht hatte. 3. Nur anderthalb Jahre später musste die BayernLB der HGAA eine Kapitalspritze in Höhe von 700 Millionen Euro geben, sonst hätte die österreichische Bankenaufsicht die Bank noch vor Ablauf des Jahres 2008 geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt war die BayernLB de facto selbst pleite. 4. Die Landesbank konnte das Jahr 2008 nur durch massive öffentliche Hilfe überleben. Das Volumen öffentlicher Gelder, mit denen die Landesbank bisher gestützt wird, beträgt 30 Milliarden Euro. Davon sind vom Freistaat Bayern 10 Milliarden Euro in Form von frischem Kapitel direkt an die Bank geflossen. Der Freistaat garantiert weiterhin für Risiken der Bank in Höhe von 5 Milliarden Euro; der Bund hat Garantie von 15 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Für die Inanspruchnahme der Garantien muss die Bank teure Gebühren bezahlen: Allein in diesem Jahr für die Inanspruchnahme nur der bayerischen Garantien 22 Millionen Euro. 5. Die 10 Milliarden Euro für die BayernLB hat der Freistaat durch Schulden finanziert. Damit steigt der bayerische Schuldenberg von 23 auf 33 Milliarden Euro an. Jeder Bayer steht für die Bank mit 800 Euro in der Kreide. 10 Milliarden Euro kosten den Freistaat jährlich 400 Millionen Zinsen und übertreffen sogar den bayerischen Bildungsetat, der immerhin 9,1 Milliarden Euro umfasst. 6. Das Debakel hat seine Geschichte: Weit entfernt vom gesetzlichen Auftrag und im Selbstverständnis einer “international tätigen Geschäftsbank“ hat die BayernLB seit den 90er Jahren, verstärkt ab dem Jahr 2000, in sogenannte ABS-Papiere (forderungsbesicherte Wertpapiere) investiert. Sie hatte ein Volumen von ABS-Papieren von weit über 30 Milliarden € in ihren Büchern. Diese Papiere sind folgendermaßen entstanden: US-amerikanische Hypothekenbanken haben ihre Forderungen gegenüber amerikanischen „Häuslebauern“ verbrieft und an andere Institute weiterverkauft. Die amerikanischen Banken haben dabei Kredite an Schuldner vergeben, die in Deutschland nie und nimmer kreditwürdig wären. In Verbindung mit der Überhitzung und schließlich dem Zusammenbruch des US-Immobilienmarktes führte das dazu, dass diese Papiere dramatisch an Wert verloren bzw. überhaupt keinen Marktwert mehr haben. 7. Dieser Sachverhalt wurde vor allem durch den Untersuchungsausschuss zur BayernLB im Bayerischen Landtag, der auf Initiative der SPD-Fraktion eingerichtet wurde, ans Licht gebracht. Unsere Vertreter in diesem Untersuchungsausschuss waren Adelheid Rupp und Werner Schieder. Der Minderheitenbericht über den Untersuchungsausschuss von SPD und Grünen, der im Juni 2008 vorgelegt wurde belegt auch, dass die BayernLB es versäumt hatte, sich rechtzeitig von den ABS-Papieren zu trennen, was noch bis Sommer 2007 möglich gewesen wäre. Absolut kritikwürdig, ja fast skandalös ist allerdings, dass der öffentliche Auftrag in der Geschäftspolitik der BayernLB so gut wie keine Rolle gespielt hat und die BayernLB ihr Engagement in den USA, das schließlich in die Katastrophe geführt hat, sogar noch offensiv verteidigt hat. 8. Dass eine Landesbank auf dem US-Immobilienmarkt nichts aber auch rein gar nichts verloren hat, belegt das betriebswirtschaftliche Desaster, das daraus resultiert. Für das Geschäftsjahr 2008 musste die BayernLB Verluste von 5 Milliarden Euro ausweisen. Das ist ohne Beispiel in der Geschichte der Bank. Der Vorstand der BayernLB ist nicht in der Lage eine Prognose für das Jahr 2009 zu geben, das liegt vor allem daran, dass die BayernLB nach wie vor Schrottpapiere mit einem Volumen von knapp unter 20 Milliarden Euro in den Büchern hat. 9. Geradezu exemplarisch für das Versagen des von der CSU geführten Verwaltungsrates aber auch für das Versagen des Bankvorstandes sind zwei Hotels, die zum BayernLB Konzern gehören und jährliche Verluste von mehreren Millionen Euro zu den roten Zahlen der Landesbank beisteuern: Das fünf Sterne Luxushotel Interconti auf dem Obersalzberg und das Schlosshotel Velden am Wörthersee. Das Schlosshotel ist ein bekannter Filmdrehort, z.B. Uschi Glas und Roy Black standen dort schon vor der Kamera. Außerdem gehören zum BayernLB Konzern noch Golfanlagen, weitere Hotels und Snow-Fun-Anlagen sowie Anteile an einem Stadtwerk. Wieso sich dieses groteske Sammelsurium aber ausgerechnet im Eigentum der BayernLB befinden muss, konnte schlüssig bislang nicht beantwortet werden. 10. Angesichts der katastrophalen Schieflage sind sich nun auch der von der CSU-Staatsregierung geführte Verwaltungsrat und der Vorstand der Bank klar darüber geworden, dass die Bank nur mit einem soliden Geschäftspolitik und nicht mit einer vom Größenwahn geprägten Casinomentalität überleben kann. Das neue Geschäftsmodell, an dem die Bank nun intensiv arbeitet und das auch die EU in Brüssel einfordert, greift Kernforderungen der SPD-Landtagsfraktion auf und orientiert sich wieder verstärkt am öffentlichen Auftrag des bayerischen Landesbankgesetzes. 11. Die Bank will kundenorientierter werden, sieht sich als Finanzierer des bayerischen Mittelstandes, will verstärkt mit den Sparkassen kooperieren und Risikogeschäfte auf internationalen Finanzmärkten künftig nicht mehr betreiben. Der eigentliche Skandal daran ist aber, dass erst Milliarden Verluste eingefahren werden mussten, die letztlich der Steuerzahler bezahlt, bis endlich an einem neuen Geschäftsmodell gearbeitet wird. Bedauerlicherweise waren und sind weder die Mitglieder des Vorstandes noch des Verwaltungsrates bereit, ihre persönliche Verantwortung einzugestehen. Gegangen ist bislang nur Erwin Huber als Finanzminister, aber wohl eher in Folge der verlorenen Landtagwahl und wegen seines Rücktritts als CSU-Vorsitzender, aber nicht weil er Parlament und Öffentlichkeit monatelang das tatsächliche Ausmaß der Verluste verschwiegen hatte. 12. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für das neue Geschäftsmodell wird die EU-Kommission der Landesbank für die Zukunft massive Auflagen erteilen. Darüber hinaus wird durch die nun geschaffenen Fakten die Privatisierungsdebatte angeheizt. 13. Beispielsweise ist in Zeitungen zu lesen, dass es Planungen bei der BayernLB gibt, die 33.000 Mietwohnungen der Wohnungsbautochter GBW ganz oder teilweise zu verkaufen. Wir halten es für falsch, dass eine Landesbank mit öffentlichem Auftrag Mitwohnungen verkauft, aber Luxushotels in ihrem Eigentum behält. 14. Seit 2009 gibt es im Bayerischen Landtag eine „Kommission zur parlamentarischen Begleitung der Krisenbewältigung bei der BayernLB“. Die Kommission ist ein Begleitgremium mit Beratungsfunktion. Sie wahrt Vertraulichkeit, da sie ausschließlich nicht öffentlich oder sogar geheim tagt, sorgt aber auch für das nötige Maß an Transparenz. Inge Aures, Dr. Paul Wengert und Dr. Simone Strohmayr aus unserer Fraktion setzen sich in dieser Kommission massiv dafür ein, dass die Fehler der Vergangenheit in der Zukunft ausgeschlossen werden und die Landesbank zu einer tragfähigen Geschäftspolitik zurückfindet. In welcher Höhe die fehlerhaften Investments der Vergangenheit in Zukunft noch auf die Bilanz der Bank und die öffentlichen Haushalte durchschlagen werden, kann nicht prognostiziert werden. Es ist aber zu befürchten, dass die bis jetzt eingefahrenen Verluste und das öffentliche Hilfspaket in Höhe von 30 Milliarden Euro leider noch nicht das Ende der Fahnenstange sind. Die Verantwortung dafür tragen die, die in der Vergangenheit die Risiken bei der Landesbank angehäuft haben, der von der CSU-Staatsregierung geführte Verwaltungsrat und der Vorstand der Bank.
 
 
 

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