Vor 75 Jahren... 7.8.1933 Felix Fechenbach ermordet

Allgemein

Felix Fechenbach war eines der Opfer der Nationalsozialisten, das sie mit besonderem Hass verfolgt hatten. Fechenbach bot nach ihren Maßstäben gleich drei Gründe dafür: Er war Jude, Sozialdemokrat und Pazifist, und er hatte schon seit 1918 Anlass für die Wut des angeblich "nationalen" Lagers geboten.

Fechenbach wurde am 28. Januar 1894 in Bad Mergentheim als Sohn des Besitzers einer kleinen Bäckerei geboren. Nach kaufmännischer Ausbildung bei einem Schuhhändler in Würzburg arbeitete er ab 1912 im Arbeitersekretariat seiner Gewerkschaft, des Zentralverbandes der Handlungsgehilfen und -gehilfinnen Deutschlands in München. Er engagierte sich daneben in Arbeiterjugend und SPD und verfasste journalistische Arbeiten. Bei Kriegsausbruch 1914 wurde er ohne Zögern Soldat, musste aber nach einer schweren Verwundung 1915 von der Front abgezogen werden. In der Etappe in München kam er mit den Ideen des libertären Sozialisten Kurt Eisner in Kontakt, wandelte sich zum Pazifisten und gehörte zu den Mitorganisatoren der Januarstreiks 1918. Als Kurt Eisner im Zuge der Revolution im November 1918 bayerischer Ministerpräsident geworden war, rückte Fechenbach als sein Sekretär mit ins Zentrum der Münchner Politik. Eisner sah es unter anderem als seine Aufgabe an, das deutsche Volk über die Rolle der Reichsregierung beim Ausbruch des Krieges aufzuklären und begann mit der Veröffentlichung von Dokumenten der bayerischen Regierung zur "Kriegsschuldfrage". Am 21. Februar 1919 wurde Eisner, auf dem Weg zu seiner Rücktrittserklärung, von einem rechtsradikalen Adeligen erschossen, während Fechenbach neben ihm ging.
Nach Eisners Tod versuchte Fechenbach in dessen Sinne weiter zu wirken. So übergab er im April 1919 weitere bayerische Dokumente zum Kriegsausbruch einem Schweizer Journalisten, über den sie nach Frankreich gelangten und in der Pariser Zeitung "Journal" veröffentlicht wurden. Bald danach flüchtete Fechenbach aus Furcht vor dem Wüten der Gegenrevolution in Bayern mit ungezählten "Schutzhäftlingen" und über 5000 Strafprozessen von 25 "Volksgerichten" in die Tschechoslowakei. Wegen der Veröffentlichung der amtlichen Akten wurde gegen ihn ein Verfahren eingeleitet, die Tschechoslowakei wies ihn aus, aber das Landgericht München sprach ihn im November 1920 frei. Fechenbach verdiente sein Geld nun durch publizistische Arbeiten und berichtete vor allem über die nationalistischen paramilitärischen Geheimbünde in Bayern. Dies ließ seine politischen Feinde nicht ruhen, und sie brachten einen neuen Prozess ins Rollen. Diesmal wurde Felix Fechenbach am 20. Oktober 1922 vom Volksgericht München I wegen Landesverrats zu elf Jahren Zuchthaus verurteilt. Dieses Urteil erklärten führende deutsche Rechtsgelehrte für unhaltbar, und dank des wachsenden Drucks im Reichstag und in der Öffentlichkeit wurde Fechenbach am 20.Dezember 1924 auf Bewährung entlassen. (Am selben Tag wurde übrigens auch Adolf Hitler aus der Haft entlassen. Für seinen Versuch, am 9. November 1923 mit Gewalt die Macht in Bayern an sich zu reißen, war er im April 1924 zu nur fünf Jahren Festungshaft verurteilt worden. Es drängte sich schon den Zeitgenossen die Vermutung auf, dass Fechenbach freigelassen wurde, um die Vorzugsbehandlung für Hitler in einem milderen Licht erscheinen zu lassen.) Im Dezember 1926 hob das Reichsgericht das Münchner Urteil gegen Fechenbach in der Hauptsache auf.

Nach seiner Freilassung fand Fechenbach eine Tätigkeit als Redakteur beim sozialdemokratischen Dietz-Verlag in Berlin wo er ab 1925 Redakteur beim "Vorwärts" war. 1926 heiratete er in zweiter Ehe Irma Epstein, mit der er drei Kinder hatte. 1929 ging er als Redakteur des ebenfalls sozialdemokratischen "Volksblatts" nach Detmold, der Hauptstadt des kleinen Freistaates Lippe. Dort kämpfte Fechenbach, mittlerweile eine öffentlich bekannte Persönlichkeit, als Journalist und Redner weiterhin gegen die immer stärker aufkommenden Nationalsozialisten. Morddrohungen hatte er schon früher erhalten, und so nimmt es nicht wunder, dass, nach der Machtübernahme der Regierung Hitler in Berlin, im März 1933 erst Fechenbachs Zeitung verboten wurde und er selbst Redeverbot erhielt, bis er am 11. März in "Schutzhaft" genommen wurde. Während viele seiner politischen Mithäftlinge nach und nach wieder entlassen wurden, machte sich Fechenbach keine Illusionen. Er rechnete damit, in ein Konzentrationslager zu kommen. Tatsächlich wurde ihm im August 1933 mitgeteilt, er werde ins KZ Dachau nach Bayern verlegt. Das Auto mit Fechenbach hielt aber auf dem Weg zur Bahn nach Warburg bei Kleinenberg an. Fechenbach wurde in den Wald geführt, dort von seinen Begleitern von SA und SS mit Pistolenschüssen niedergestreckt und starb am Abend im Krankenhaus von Scherfede. Offiziell hieß es, er habe einen Fluchtversuch unternommen und sei deshalb "auf der Flucht erschossen" worden. Genau dies hatte Fechenbach jedoch kommen sehen und vorher gegenüber Mithäftlingen gesagt, dass eine solche Meldung bedeute, dass er ermordet worden sei.

Sowohl für die NS-Herrscher wie für die von ihnen Unterdrückten bedeutete der Tod Felix Fechenbachs ein besonderes Zeichen. Seine Mörder wurden 1948 und 1969 abgeurteilt, am Ort der Schüsse steht heute ein Gedenkstein.
(Friedrich-Ebert-Stiftung)

 
 
 

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