„Gesine um 12“ am 25. August im Biergarten am Alten Kranen in Würzburg

Veranstaltungen


Gesine Schwan

Die SPD-Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten war nach Würzburg gekommen und füllte bei schönstem Wetter den Biergarten am Alten Kranen mit mehr als 200 Interessierten. Die Anwärterinnen und Anwärter bei den aktuellen Wahlen, Marion Reuther, Eva-Maria Linsenbreder, Volkmar Halbleib und Marco Schneider waren mit dabei, wobei das Ganze bewusst nicht als Wahlkampfveranstaltung gesehen werden sollte. Es sollte auch ein etwas verspäteter Jazzfrühschoppen sein.

Moderiert von Marco Schneider begrüßte OB Georg Rosenthal Gesine Schwan in seiner Stadt und bedauerte, außer SPD-Stadträten und Stadträtinnen niemand aus anderen Parteien begrüßen zu können. Nach der Mikrophonübergabe ging Gesine Schwan gleich in die Vollen: Ihr Anliegen – Bildung und Demokratie – belegte sie mit dem Beispiel einer bayerischen Lehrerin, die sich den Unmut ihrer Vorgesetzten zugezogen hatte, weil sie sich gegen vergleichende Zensuren gewandt hatte, die individuelle Lernerfolge der Schüler nicht berücksichtigen. Stattdessen ging es dieser Lehrerin darum, zu messen und zu bewerten, welche wirklichen Leistungen von dem einzelnen Kind erbracht wurden. Weil sie zu viele gute Zensuren verteilte, sollte sie von der Schule entfernt werden. Nach einem mehrstündigen Gespräch mit dem Leiter des Lehrerverbandes gab ihr dieser jedoch Recht und stellte fest, dass sie der Situation in Bayern um 10 Jahre voraus sei.
Dieser Mut zur Selbstkritik und Überzeugung bedingt nach Auffassung von Gesine Schwan den demokratischen Geist, aus dem die Menschen leben und die Kultur. Gute Bürger, in diesem Fall die Lehrerin, bilden die Bürgerdemokratie, in der die Bürger sich „kümmern“ und argumentativ überzeugen. Ihr Credo: Bürger brauchen Ich-Stärke, Selbstvertrauen, Bildung und Demokratie. Menschen müssen soziale Kompetenz sammeln, damit sie stark sind, immer weiter zu lernen. Bildung ist Stärkung der eigenen Urteilsfähigkeit und Selbstreflektion. Im Dialog mit anderen muss es möglich sein, eigene Positionen in Frage zu stellen und zu lernen, argumentativ zu streiten. Bildung muss demnach Verständigungsfähigkeit fördern, Bildung ist keine Ware, die man kaufen kann (Thema Studiengebühren), sondern eine Anstrengung, die für alle möglich sein muss. Daher ist es die Aufgabe des Staates, für Chancengleichheit zu sorgen. Bildung muss mehrsprachig sein, auch im Sinne der geistigen Landschaft, sie findet pausenlos im Leben statt.
Abschließend zitierte sie Emanuel Kant, der als Bildungsziele benannte:
Selbst denken – nachdenken, jederzeit mit sich einstimmig denken (begründen, warum eine Position geändert wurde), und jederzeit an der Stelle der anderen denken.
Volkmar Halbleib, der Gesine Schwan für ihren Vortrag dankte, stellte fest: „Es war schön, den Zuschauern zuzuschauen beim Mitdenken und Mitfühlen!“
Von den anschließenden Fragen der Zuschauer sei nur eine angeführt, nämlich die unvermeidliche nach dem Verhältnis zur Linkspartei. Die Antwort von Gesine Schwan:
„Wenn Menschen unzufrieden sind, ist es gut, dass es möglich ist, dass sich neue Parteien bilden. Deshalb muss man das eigene Politikverständnis deutlich machen und versuchen, zu überzeugen. Es geht nicht darum, Kompromisse zu machen, sondern für die eigene Überzeugung auch in anderen Parteien zu werben“. Die praktizierende Katholikin ist sich sicher, dass Demokratie Menschen integriert. Das Amt der Bundespräsidentin strebe sie an, weil sie für eine „Kultur des Argumentierens“ stehe und immer unterschiedliche Gemeinsamkeiten suchen wolle.
Mit angereist war auch Gesine Schwans Mann Peter Eigen, u.a. der Gründer der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International. Er schloss sich mit seinem Saxophon souverän und mitreißend der Band an und die Zuschauer waren so begeistert, dass er immer wieder noch weiter spielen musste, ehe er sich wieder dem Tross von Gesine Schwan anschließen konnte.
Ilse Feser

 
 
 

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